Angedacht

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn, Jesus Christus.

Ihr Lieben, Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen…“ Kennt Ihr diesen Spruch? Den gibt es auf Postkarten und als Kühlschrankmagnet. „Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen…“ Als ich den Spruch vor ein paar Jahren zum ersten Mal gelesen habe, hat er mich zum Lächeln gebracht. Ich habe vor meinem inneren Auge lauter kleine Könige und Königinnen gesehen, die über ihre hermelinbesetzten Mäntel stolpern, auf die Nase fliegen, ein wenig verdutzt schauen und sich dann wieder aufrappeln. Wo ist noch mal die Krone hingerollt… ach ja, da ist sie ja… Aufs Haupt damit – und weitergehen…

Mir gefällt der Gedanke, dass wir alle solche Königskinder sind, die zwar mal auf die Nase fallen, aber auch wieder aufstehen. Wie schön, wenn man dann noch so eine kleine KRONE auf dem Kopf trägt und hoch erhobenen Hauptes weitergehen kann. Nicht aufgeben, nicht liegenbleiben….

Wie ist das eigentlich mit dem Hinfallen und Aufstehen, Scheitern und Weitermachen? Und könnte Scheitern nicht auch eine ganz wichtige Lebenserfahrung sein, bei der es sich lohnt, genauer hinzuschauen, ja sogar ein bißchen dabei zu verweilen? Auch die Bibel erzählt davon,
wie einer scheitert…. Hört einen Abschnitt aus dem Buch des Propheten Jesaja. Da spricht einer, der gescheitert ist.

Hört her, ihr Menschen am Rand der Erde, ihr Völker in der Ferne! Schon als ich noch im Leib meiner Mutter war, hat der Herr mich in seinen Dienst gerufen und meinen Namen bekannt gemacht. Er hat mir eine Zunge gegeben, die scharf ist wie ein Schwert, und er hält seine schützende Hand über mich. Er hat mich zu einem sicher treffenden Pfeil gemacht und verwahrt mich in seinem Köcher. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Bevollmächtigter, Israel, an dir will ich meine Herrlichkeit sichtbar machen.« Ich aber dachte: »Ich habe mich vergeblich abgemüht. Ich habe meine ganze Kraft erschöpft und nichts erreicht. Doch der Herr wird mir zu meinem Recht verhelfen und meine Mühe belohnen.«
Der Prophet Jesaja teilt aller Welt mit, wie ihm Gott begegnet ist: von Anfang an, “von Mutterleib an”, schon im Mutterleib. Wir wissen heute: Es stimmt, wir werden schon vor der Geburt durch unsere Gene geformt, welche sich aus dem Erbe von Vater und Mutter durchsetzen, sowie durch ihr Verhalten während einer Schwangerschaft. Dann werden wir in ein Umfeld hineingeboren, welches sich unseren Einflüssen entzieht: in eine friedliche Umgebung, uns zugewandt, fördernd, bildend und liebend oder in eine gleichgültige, überforderte, im schlimmsten Fall in ein feindliches Umfeld – von Mutterleib an, von Geburt an.

Bei uns heute hier in Kitzen/Zitzschen haben wir es eher mit dem Rückblick zu tun, der Erinnerung an das, was uns in „die Wiege gelegt“ wurde.
Der Prophet sagt: Schon als ich noch im Leib meiner Mutter war, hat der Herr mich in seinen Dienst gerufen.
Wenn Ihr auf Euer Leben zurückschaut, wisst Ihr da, zu welchen bestimmten Tätigkeiten Ihr regelrecht geboren worden seid? Seid Ihr Menschen, die um andere besorgt sind? Seid Ihr Menschen, die Zuwendung und Empathie für andere haben? Seid Ihr Kümmerer, Macher? Oder seid Ihr gute Sänger? Oder, oder, oder…

Jede und Jeder hier wird etwas besonders gut können und machen. Zugegeben, nicht alles ist gelungen. Ja, da sind wir wieder bei den KRÖNCHEN, beim Scheitern. Scheitern, ein riesiges Thema. Dabei geht es nicht nur um persönliches Vermögen oder Unvermögen. Es gibt ja Mächte und Gewalten, die stärker sind als alle menschlichen Bemühungen. Einzelne müssen das dann ausbaden, weil ihre Existenz zwischen Mühlsteine der Politik gerät. Kleine Händler scheitern, weil sie gegen die Großkonzerne nicht mehr ankommen. Kleinbauern gehen zugrunde, weil sie sich das Saatgut nicht mehr leisten können. Menschen verlieren ihre Arbeit, nicht, weil sie faul oder dumm sind, sondern weil das, was sie gelernt haben, nicht mehr gebraucht wird. Ganze Völker werden zu Spielbällen von Großmächten…

Scheitern. Irgendwie gehört das zu uns. Denn wir Menschen sind meist eher Mittelmaß und versagen oft. Aber auch so hat uns Gott geschaffen. Gott kennt uns, davon ist Jesaja überzeugt, so wie wir geboren werden, mit Namen, und das bedeutet: mit unseren Stärken und unseren Schwächen, von Anfang an. Wichtig ist, nicht aufzugeben. Also aufstehen, KRONE richten, weitergehen.

Jesaja wurde von Gott zum Propheten geformt. Er sagt: Er hat mir eine Zunge gegeben, die scharf ist wie ein Schwert, und er hält seine schützende Hand über mich. Er hat mich zu einem sicher treffenden Pfeil gemacht und verwahrt mich in seinem Köcher. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Bevollmächtigter, Israel, an dir will ich meine Herrlichkeit sichtbar machen.«
Eine Auszeichnung und Ehre, genauso wie eine Aufgabe, Verantwortung und schwere Last. Der Prophet gibt selbst die Antwort:
Ich aber hatte mir gesagt: »Ich habe mich vergeblich abgemüht. Ich habe meine ganze Kraft erschöpft und nichts erreicht.«

Kennen wir das nicht auch? Menschen bringen sich ein, engagieren sich. Und dann?
Ärger, Stress, Enttäuschung, Ignoranz und Gleichgültigkeit, im schlimmsten Fall sogar Anfeindungen schlagen ihnen entgegen. Wer hat so etwas in einem langen Leben nicht schon erfahren? Unter Gottes Schutz zu stehen, so wie Jesaja, oder Christ zu sein, so wie wir hier, schützen davor nicht. Und oft fühlt sich das alles an, als würde man ganz persönlich versagen…
Ganz egal, was man schon erreicht hat, es kann plötzlich nichts mehr wert sein.

Scheitern, Versagen ist – so scheint es – vor Gott eine wichtige Lebenserfahrung, etwas, das zum Leben dazugehört. Man könnte deshalb auch mal anders aufs Scheitern schauen, aufs eigene und auf das der anderen.

Also, Ihr Lieben: Der Boden, der Felsengrund der eigenen Existenz, im Scheitern wird er spürbar. In den poetischen Liedern der Bibel, den Psalmen, wird immer wieder so von Gott geredet. Du bist mein Fels, sagt einer zu Gott oder bittet ihn: sei mir ein starker Fels… Es gibt einen Grund, der trägt. Und vielleicht läßt Gott sich ja auf diesem Boden eher erleben als in den überschwänglichen Glücksmomenten. Vielleicht ist er gerade da, wenn Träume zerplatzen und das, was man sich selbst als Glück vorgestellt hat, sich als trügerisch erweist. Vielleicht spüre ich ja gerade dann eine Kraft, die mich trägt und hält, wenn ich selbst das Gefühl habe, nichts mehr in der Hand zu haben. Vielleicht ist da der Moment, wo es beginnt mit dem Aufstehen, KRONE richten, weitergehen.

Ihr Lieben, da liegt auch ein Trotzdem drin. Wie Jesaja das auch macht: “Trotzdem: Doch der Herr wird mir zu meinem Recht verhelfen und meine Mühe belohnen.« Wie Mut machend ist dieses „Trotzdem“. Bestimmt habt Ihr Erinnerungen daran, wie Ihr trotzdem weitergemacht habt, gegen alle Widerstände gekämpft habt, manchmal gewonnen, manchmal verloren habt und wieder sagen musstet: “Trotzdem”.
Am Ende liegt es bei Gott. Auch die Bewertung unseres Tuns. Welch eine Entlastung! Das ist die gute Nachricht!

Ja, Ihr Lieben, lassen wir uns von Jesaja ermutigen: Wir sind von Anfang an, von Mutterleib an in unserem ganzen Bemühen um die gestellten Lebensaufgaben, auf unseren Wegen von Gott angesehen, sind ihm wichtig.

Gott ist meine “Kraft”, Lebenskraft, Kraftquelle, ich bin ihm unendlich wertvoll. Was für eine Perspektive! Was für eine frohe Botschaft!

Ich höre in den Worten des Propheten und an vielen anderen Stellen in der Bibel, die die Beziehung zwischen Mensch und Gott beschreiben, dieses Angebot:
„Ich bin die Kraft, die dir immer zur Verfügung steht! Nutze sie, zögere nicht! Ich helfe dir, dein KRÖNCHEN aufzuheben.“ Wie diese Kraft aus Gott beschaffen ist, davon hat Jesus von Nazareth unermüdlich und immer wieder einladend gesprochen. Und er hat wie Jesaja aus dieser Quelle geschöpft bis hinein in seinen Tod.

Ihr Lieben, Jesaja sagt weiter:
Und nun hat der Herr zu mir gesprochen, er, der mich schon im Mutterleib dazu bestimmt hat, ihm zu dienen und die Nachkommen Jakobs, das Volk Israel, zu sammeln und zu ihm zurückzuführen. Bei ihm bin ich angesehen, er gibt mir Kraft. Er hat zu mir gesagt:
»Es ist zu wenig, dass du als mein Bevollmächtigter nur die Stämme Israels wieder zu Ansehen bringst und alle zurückführst, die von den Nachkommen Jakobs übriggeblieben sind. Ich mache dich auch zum Licht für die anderen Völker, damit alle Menschen auf der Erde durch dich meine rettende Hilfe erfahren.
«

Ach wie wunderbar! Alle Menschen sind gemeint. Gott ist für jede und jeden da. Immer. In allen Situationen. Beim Spaß, Freuen, Feiern, beim Fallen, Aufstehen, KRONE richten, weitergehen…

Stehen unter dieser Ankündigung nicht auch die Worte Jesu? “Ich bin das Licht der Welt…”
Genauso steht da sein Zuspruch an jeden Menschen: “Ihr seid das Licht der Welt”
Das Licht, ich würde sagen die Erkenntnis, leuchtet bis heute in unser Leben, bis an das Ende unserer jeweiligen Lebenszeit, bis in jeden Winkel der Welt.
Und sein Licht ist eine Stärkung unseres Gottvertrauens, unseres Glaubens, der, wie es im Wochenspruch heißt, der Sieg ist, der die Welt überwunden hat.
Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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